Verpackungsrechtliche Definitionen
1.1 Was bedeutet Produktverantwortung?
Umweltschutz gelingt nur mit Wettbewerbsgleichheit und gleichen Spielregeln für alle. Unternehmen müssen dafür sorgen, dass ihre Verpackungen die Umwelt möglichst wenig belasten. Das nennt sich Produktverantwortung und ist im Verpackungsgesetz geregelt. Sofern Verpackungen nicht vermieden werden können, muss jeder, der verpackte Waren vertreibt, im Verpackungsregister LUCID registriert sein. Zudem ist ein hochwertiges Recycling von Verpackungsabfällen nur in einem Markt möglich, der finanziell gesund ist. Deshalb müssen Sie für Ihre systembeteiligungspflichtigen Verkaufs-, Um- oder Versandverpackungen das Recycling finanzieren. Das tun sie, indem sie einen sogenannten Systembeteiligungsvertrag mit einem Systembetreiber schließen.
1.2 Wer ist privater Endverbraucher?
Dies sind private Haushalte und die sogenannten vergleichbaren Anfallstellen wie beispielsweise Restaurants, Hotels, Krankenhäuser, Kantinen, Freizeitparks, Gärtnereien, Wäschereien, Bibliotheken und Schulen. Auch Handwerks- und landwirtschaftliche Betriebe gehören dazu, wenn deren Verpackungsabfälle in haushaltstypischem Abfuhrrhythmus 14-tägig in Umleerbehältern von bis zu 1.100 Liter Füllvolumen pro Sammelgruppe abgeholt werden können. Hier finden Sie eine Liste der vergleichbaren Anfallstellen.
1.3 Wann fällt eine Verpackung typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall an?
Ob eine Verpackung typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfällt, ist aufgrund einer Prognose (Ex-Ante-Betrachtung) zu beurteilen. Es kommt nicht darauf an, ob eine konkrete Verpackung nachweislich beim privaten Endverbraucher als Abfall anfällt, vielmehr hat eine typisierende Betrachtung zu erfolgen.
Fällt eine Verpackung üblicherweise beim privaten Endverbraucher an, so ist das Merkmal typischerweise regelmäßig erfüllt. Ob dies der Fall ist, ist unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu bewerten. Dabei sind objektive Kriterien zu berücksichtigen, wie z.B. der Inhalt der Verpackung (wer verbraucht/nutzt die Ware gewöhnlich), die Gestaltung der Verpackung (zum Beispiel ihre Größe, Verschlüsse, Dosierhilfen) und sonstigen Eigenschaften (zum Beispiel Füllgutmenge, Material, Gewicht) sowie der typische Vertriebsweg (zum Beispiel Einzelhandel, Großhandel).
Dabei ist stets zu beachten, dass nicht nur private Haushaltungen, sondern auch Anfallstellen im Gewerbe, im Freizeitbereich, bei karitativen Einrichtungen usw. (siehe vergleichbare Anfallstellen) private Endverbraucher im Sinne des Verpackungsgesetzes sind.
Beispiele:
Mehl wird in einem 18-kg-Sack an eine kleine Bäckerei geliefert. Die Bäckerei veräußert das Mehl in dieser Form nicht weiter, sie nutzt es zum Backen von Brot. Sie ist Endverbraucher für dieses Mehl, mithin ist der Sack eine Verkaufsverpackung.
Ein Kiosk verkauft Eis am Stiel. Dies wird in großen Transportkartons (die wiederum mehrere kleine Kartons mit Eis beinhalten) angeliefert. Der Kiosk verkauft die Ware weiter, an den Endkunden gelangt allerdings nur das Eis in der unmittelbaren Verpackung, der Transportkarton verbleibt im Kiosk. Mithin ist der große Transportkarton eine Transportverpackung. Die Primärverpackung um das Eis dagegen ist eine systembeteiligungspflichtige Verpackung.
Die ZSVR hat den Katalog systembeteiligungspflichtiger Verpackungen veröffentlicht, in dem für eine Vielzahl von Verpackungen unter Berücksichtigung der oben angegebenen Kriterien eine Einordnung erfolgt ist. Bei diesem Katalog handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift. Sofern Sie über den Katalog hinaus Rechtssicherheit erlangen wollen, besteht die Möglichkeit, über einen Antrag bei der Zentrale Stelle Verpackungsregister die Systembeteiligungspflicht der konkreten Verpackung feststellen zu lassen.
1.4 Wann liegt ein Inverkehrbringen vor?
Jede tatsächliche Abgabe an einen Dritten im Geschäftsverkehr ist ein Inverkehrbringen im Sinne des Verpackungsgesetzes. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Abgabe entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt. Eine Registrierung (und gegebenenfalls Systembeteiligung) ist zum Beispiel auch für Warenproben oder Give-aways oder andere unentgeltliche Übergabe von verpackten Waren erforderlich, sofern dies in Ausübung beziehungsweise zur Unterstützung einer gewerblichen Tätigkeit erfolgt. Jede Weitergabe im Rahmen der Produktdistribution ist erfasst. Erforderlich ist allerdings, dass ein Dritter neuen Gewahrsam an der Verpackung erlangt hat.
1.5 Wann liegt ein gewerbsmäßiges Inverkehrbringen vor?
Wer seine selbstständige Tätigkeit durch Gewerbeanzeige angezeigt hat, anzeigen müsste oder wer im Sinne des Einkommenssteuerrechts Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit oder Land- und Forstwirtschaft erzielt, handelt gewerbsmäßig im Sinne des Verpackungsgesetzes.
Auch wer Verluste aus seiner Tätigkeit steuerlich geltend macht oder wer einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen (§ 13a Abs. 6 EStG) ermittelt, handelt gewerbsmäßig.
1.6 Kann die Namensangabe aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften, zusätzlich zur Angabe des abweichenden verpackungsrechtlichen Herstellers, zur Nichtanwendbarkeit von § 3 Absatz 9 Satz 2 VerpackG führen?
Zwingende Namensangaben aufgrund anderer rechtlicher Vorschriften, die in keinem Zusammenhang zur verpackungsrechtlichen Herstellereigenschaft stehen, können allein nicht die Anwendung von § 3 Abs. 9 S. 2 VerpackG ausschließen. § 3 Abs. 9 S. 2 VerpackG ist anzuwenden, wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen.
Aus Transparenzgründen sollte die rechtliche Vorschrift, die zur zusätzlichen Namensangabe zwingt, jedoch genannt werden, Beispiel: Verantwortliche Person nach KosmetikV: [Name].
Zusätzliche Namensangaben, die vom verpackungsrechtlichen Hersteller abweichen, sind teilweise aufgrund gesetzlicher Vorschriften zwingend, beispielsweise nach der KosmetikV. Sie führen dann nicht zu einer Nichtanwendbarkeit von § 3 Abs. 9 S. 2 VerpackG, wenn die zusätzliche Namensnennung keine verpackungsrechtliche Bedeutung hat.
1.7 Kann die Angabe von Identitätskennzeichen, die nicht auf den auf der Verpackung genannten Hersteller verweisen, zur Nichtanwendbarkeit von § 3 Absatz 9 Satz 2 VerpackG führen?
Angaben ohne Namensnennung (Identitätskennzeichen wie beispielsweise die Zulassungsnummer bzw. Genusstauglichkeitskennzeichen aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 bei Lebensmitteln oder auch die Registrierungsnummer des Verpackungsregisters LUCID) sind keine Namensnennung im Sinne des § 3 Abs. 9 S. 2 VerpackG. Identitätskennzeichen, die auf ein anderes als das auf der Verpackung namentlich genannte Unternehmen hinweisen, können daher allein nicht die Anwendung von § 3 Abs. 9 S. 2 VerpackG ausschließen. § 3 Abs. 9 S. 2 VerpackG ist anzuwenden, wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen.
Wenn Verkaufsverpackungen im Auftrag eines (Handels-)Unternehmens unter Verwendung von dessen (Eigen-)Marke und/oder Namen, ohne namentliche Nennung des abfüllenden Unternehmens auf der Verpackung, in Verkehr gebracht werden, ist in einem solchen Fall der Auftraggeber und nicht der Abfüller als Hersteller/Erstinverkehrbringer einzuordnen, wenn die verpackte Ware auch an den Auftraggeber abgegeben wird. In diesem Fall muss der Auftraggeber die Registrierung und gegebenenfalls die Systembeteiligung vornehmen. Er gilt dann als Hersteller im Sinne des Verpackungsgesetzes.
Identitätskennzeichen lassen regelmäßig durch Recherchen Rückschlüsse auf das gekennzeichnete Unternehmen zu. Verpackungsrechtliche Bedeutung haben sie typischerweise nicht. In jedem Fall bedarf es bei Identitätskennzeichen weiterer Schritte, um das gekennzeichnete Unternehmen zu ermitteln. Ohne namentliche Nennung des anderen Unternehmens führen sie daher nicht zu einer Nichtanwendbarkeit von § 3 Abs. 9 S. 2 VerpackG. Identitätskennzeichen sind insbesondere bei einigen Lebensmitteln als Ursprungskennzeichnung lebensmittelrechtlich vorgeschrieben, ohne dass sie verpackungsrechtliche Bedeutung erlangen.