Interview zur nationalen Umsetzung und Einordnung der PPWR

Mit der Europäischen Verpackungsverordnung (PPWR) kommen weitreichende Änderungen auf Unternehmen mit verpackungsrechtlichen Pflichten zu. Sie soll einen harmonisierten Rechtsrahmen schaffen, der gleiche Wettbewerbsbedingungen im europäischen Binnenmarkt ermöglicht. Zur Umsetzung in Deutschland soll das aktuell geltende Verpackungsgesetz (VerpackG) durch das Verpackungsrecht-Durchführungsgesetz (VerpackDG) ersetzt werden. 

Aktuell befindet sich dieses im Gesetzgebungsverfahren. Die Verantwortung dafür liegt beim Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUKN). Das Ministerium schafft den nationalen Rechtsrahmen, der erforderlich ist, um die unmittelbar geltenden europäischen Vorgaben in Deutschland umzusetzen.

In einem Interview mit Frau Dr. Silke Karcher, Unterabteilungsleiterin Kreislaufwirtschaft im BMUKN klären wir, wie Deutschland die neuen europäischen Vorgaben konkret ausgestaltet, welche umweltpolitischen Zielsetzungen dabei leitend sind und wie sich nationale Spielräume nutzen lassen. Im Fokus steht, wie sich der Übergang in ein europaweit harmonisiertes System gestalten lässt, ohne bewährte nationale Strukturen aus dem bisherigen Recht aus dem Blick zu verlieren. Ebenso interessiert uns, wie der Gesetzgeber die Vielzahl an anstehenden Sekundärrechtsakten in einem engen Zeitrahmen in nationales Recht überführen kann.

Interview mit Frau Dr. Silke Karcher, Unterabteilungsleiterin Kreislaufwirtschaft im BMUKN

Im Gespräch geht es darum, wie Deutschland die neuen europäischen Vorgaben konkret ausgestaltet, welche umweltpolitischen Zielsetzungen dabei leitend sind und wie sich nationale Spielräume nutzen lassen. Im Fokus steht, wie sich der Übergang in ein europaweit harmonisiertes System gestalten lässt, ohne bewährte nationale Strukturen aus dem bisherigen Recht aus dem Blick zu verlieren. Ebenso richtet sich der Blick darauf, wie der Gesetzgeber die Vielzahl an anstehenden Sekundärrechtsakten in einem engen Zeitrahmen in nationales Recht überführen kann.

Frau Dr. Karcher, die Europäische Verpackungsverordnung (PPWR) tritt ab August 2026 in allen Mitgliedstaaten in Anwendung, ein Teil der Regelungen bleibt den Mitgliedsstaaten vorbehalten. Welche Schwerpunkte wird das BMUKN setzen, welche Umweltgesichtspunkte stehen für Sie im Vordergrund? 

Frau Dr. Karcher: Unser Anliegen ist es insbesondere, einen Gleichlauf der europäischen Regelungen und des deutschen Rechts sicherzustellen. Wir möchten die Situation vermeiden, in der die PPWR anzuwenden ist, das nationale Recht aber noch nicht angepasst wurde. Deshalb haben wir im vergangenen Jahr mit Hochdruck an der Erarbeitung des Referentenentwurfs zum Verpackungsrecht-Durchführungsgesetz gearbeitet. Dieser ist nun veröffentlicht. Wir fokussieren uns dabei auf die Regelungen, die ab kommendem August anzuwenden sind. Unser Ziel ist es insbesondere, die Anpassungen an die PPWR so vorzunehmen, dass die in Deutschland etablierten Systeme fortbestehen können. Ein wichtiges umweltpolitisches Instrument ist die Umsetzung von Artikel 51 Absatz 3 der PPWR: Mit der Schaffung einer Organisation für die Finanzierung von Reduzierungs- und Präventionsmaßnahmen werden Maßnahmen zur Stärkung von Mehrwegverpackungen und Wiederbefüllung finanziert, um so zur Reduktion von Verpackungsabfällen beizutragen.

Die PPWR hat das Ziel, die Anforderungen an Verpackungen zu harmonisieren, um gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt zu sichern. Wie lässt sich der Spagat bewältigen, europaweit einheitliche Regeln zu schaffen und bewährte nationale Strukturen aus dem Verpackungsgesetz zu bewahren?

Frau Dr. Karcher: Viele Aspekte der Harmonisierung werden ja erst nach und nach in Kraft treten, dies betrifft insbesondere die Gestaltung von Verpackungen, zum Beispiel den Rezyklateinsatz, das Labelling oder auch die Recyclingfähigkeit. Zum jetzigen Zeitpunkt betreffen die Aspekte der Harmonisierung insbesondere die Begrifflichkeiten. In Deutschland führt das beispielsweise dazu, dass zum Teil andere Wirtschaftsakteure als bisher die Pflichten der erweiterten Herstellerverantwortung übernehmen müssen. Das ist insbesondere eine Herausforderung für die dualen Systeme. Unser Anspruch ist es, den Übergang mit so wenig Brüchen wie möglich zu gestalten. Sicherlich wird es mit den neuen Begrifflichkeiten zu Unstimmigkeiten kommen. Wenn diese überwunden sind, sollte das System aber fortbestehen können wie bisher. 

Die PPWR setzt in vielen Punkten auf Sekundärrechtsakte, die wiederum in Zeiträumen zwischen 18 und 24 Monaten anteilig in nationales Recht umzusetzen sind. Wie ist das für einen nationalen Gesetzgeber zu schaffen? 

Frau Dr. Karcher: Wir werden hier jeden Fall einzeln prüfen müssen. Denn für manche Sekundärrechtsakte ist gegebenenfalls gar keine Anpassung des nationalen Rechts erforderlich. Bei andern wird es erforderlich sein, parallel zu arbeiten, denn 18 Monate sind eine knappe Frist um nationale Regelungen zu erarbeiten und zu erlassen. Das heißt, wir werden die Verhandlungen zum Sekundärrecht in unserem Sinne mitgestalten und parallel dazu nationale Umsetzungsregelungen erarbeiten. Insbesondere bauen wir auch darauf, dass einzelne Sekundärrechtsakte möglichst zeitgleich in Kraft treten, sodass nur ein nationales Verfahren erforderlich ist. Wichtig ist uns, den Rechtsanwendern immer so früh wie möglich Klarheit über die nationalen Anforderungen zu geben. 

Eine persönliche Frage zum Abschluss: Wenn Sie auf die kommenden Jahre blicken: Welche Chancen sehen Sie in der Umsetzung der PPWR – für die Kreislaufwirtschaft?

Frau Dr. Karcher: Die Regelungen der PPWR zu Mehrweg können ein Startschuss für die europaweite Etablierung von Mehrwegsystemen sein. Ich hoffe, dass die deutsche Wirtschaft hier ihre Expertise auch in anderen Mitgliedstaaten einbringen kann. Denn unsere Mehrwegsysteme sind europaweit einzigartig. 

Zudem erwarte ich, dass die Anforderungen der PPWR zur recyclingfähigen Gestaltung von Verpackungen, dem sogenannten „Design for Recycling“, die Kreislauffähigkeit von Verpackungen verbessern werden. Hierzu stehen noch nachgeordnete Rechtsakte der EU-Kommission an, bei deren Verhandlung wir auch die Erfahrungen aus dem deutschen Mindeststandard einbringen werden.

Wer ist Frau Dr. Silke Karcher?

Dr. Silke Karcher ist Leiterin der Unterabteilung für Kreislaufwirtschaft (Unterabteilung C III) im Bundesumweltministerium (BMUKN). Die promovierte Umwelttechnikerin war von 2021 bis 2023 Staatssekretärin für Umwelt in der Berliner Landesregierung. Von 2009 bis 2021 leitete sie ein Referat im Bundesumweltministerium mit Schwerpunkt auf internationalen Energie- und Klimafragen. Zwischen 2004 und 2007 führte sie ein Fachgebiet beim Umweltbundesamt, das sich mit der Mineral- und Metallindustrie sowie dem allgemeinen Ressourcenschutz beschäftigte. Sie war an der Initiierung von Programmen wie der Europäischen Klimainitiative Deutschlands (EUKI) und der Nitric Acid Climate Action Group beteiligt. Dieses Programm setzt sich für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen in der Salpetersäureindustrie ein.